Erwerbsschaden

Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert, ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.

Grundsätzlich ist zwischen dem bereits entstandenen, also dem in der Vergangenheit liegenden Schaden und dem zukünftigen zu unterscheiden. Während der in der Vergangenheit liegende Schaden bereits konkret beziffert werden kann, ist dies bei dem zukünftigen Erwerbsschaden noch nicht der Fall. Der Erwerbsschaden ist dann anhand der Faktenlage in die Zukunft zu prognostizieren. Neben der Zahlung einer quartalsweise im Voraus zu zahlenden monatlichen Rente kommt eine Regulierung des Erwerbsschadens auch als Kapitalabfindung in Betracht. Ein erhöhter Aufwand an Versicherungsprämien führt gegebenenfalls neben dem Erwerbsschaden zum Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse.

Die Anwälte der Kanzlei können bei der Berechnung des Schadens auf erforderliches Spezialwissen und bei Verhandlungen mit Versicherern auf ihre langjährige Berufserfahrung zurückgreifen. Falls zur Berechnung des Erwerbsschadens die Zusammenarbeit mit Gutachtern und Steuerberatern erforderlich ist, führen sie selbstverständlich auch den mit diesen notwendigen Schriftverkehr.

Erwerbsschaden bei:

  1. Arbeitnehmer
  2. Selbstständige
  3. Kinder

A. ERWERBSSCHADEN BEIM ARBEITNEHMER

Ersatzfähig ist das Nettogehalt und die hierauf entfallende Lohn- bzw. Einkommenssteuer. Abzusetzen sind kongruente Leistungen von Sozialversicherungsträgern, wie Krankengeldzahlung, Verletztengeld beim BG-Fall, Arbeitslosengeld, ALG II, Übergangsgeld, Erwerbsminderungsrente, BG-Unfallrente.

Nicht angerechnet werden Renten aus privaten Vorsorgeversicherungen wie der Berufsunfähigkeits- oder privaten Unfallrente. Auch vom Arbeitgeber für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlte Abfindungen sind nicht anzurechnen.

Bei der Prognostizierung des Schadens in die Zukunft ist die voraussichtliche Karriereentwicklung zu berücksichtigen. Hierbei ist u.a. zu berücksichtigen, ob es in dem Betrieb des Geschädigten einen Tarifvertrag gibt, ob Boni gezahlt werden usw. Wird keine Gesamtabfindung der Ansprüche durch Kapitalisierung vereinbart, ist darauf zu achten, dass nicht nur der Anspruch insgesamt, sondern auch einzelne Schadenspositionen der Verjährung unterliegen.

B. ERWERBSSCHADEN BEI SELBSTSTÄNDIGEN

Vorbemerkungen

Bei dem geschädigten selbstständigen Unternehmer kommt es für die Schadensermittlung nicht auf den Wegfall seiner Arbeitskraft, sondern auf die negative Auswirkung in seinem Vermögen an.

Der Schädiger schuldet den hypothetischen Unternehmergewinn mindestens bis zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Geschädigten, gegebenenfalls auch noch darüber hinaus, bis dieser wieder an den Unternehmergewinn anknüpfen kann, den er ohne Eintritt des schädigenden Ereignisses erreicht haben würde.

Insoweit scheiden alle diejenigen Fälle aus, in denen der Selbstständige seine vorübergehende Leistungseinbuße nach seiner Genesung zum Beispiel durch Überstunden (BGH NJW 1971, 836) kompensiert oder durch organisatorische Maßnahmen (BGH VersR 1965, 85; BGH VersR 1961, 1018) ohne wirtschaftlichen Nachteil abfängt. Im Unterschied zum Arbeitnehmer bestimmt sich der Wert der Arbeitsleistung des Selbstständigen nicht nach seinem Zeiteinsatz im Unternehmen, sondern nach seinem wirtschaftlichen Erfolg. Aus diesem Grunde scheidet auch die Bezifferung des Erwerbsschadens abstrakt und fiktiv in Höhe des Gehaltes einer gleichwertigen Ersatzkraft aus (BGH VersR 1992, 973).

Der Schaden kann im Prinzip nach drei Alternativen berechnet werden: es können die Kosten einer tatsächlich eingestellten Ersatzkraft geltend gemacht werden, der Erwerbsschaden kann sich aus konkret entgangenen Geschäften ergeben und letztlich besteht die Möglichkeit einer abstrakten Berechnung auf der Grundlage der Vorjahresergebnisse.

I.) Kosten einer Ersatzkraft

Die Kosten einer Ersatzkraft müssen tatsächlich angefallen sein, das heißt die Ersatzkraft muss eingestellt worden sein (BGH VersR 1997, 453). Zum erstattungsfähigen Ersatzanspruch gehören neben dem Arbeitsentgelt auch die Arbeitgeber- sowie Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und die abzuführende Lohnsteuer. Etwaige Steuervorteile des selbstständigen Unternehmers als Folge der Personalkostenerhöhung wachsen dem Schädiger zu.

Die unentgeltliche Mitarbeit eines Familienangehörigen im Betrieb des verletzten Selbstständigen entlastet den Schädiger nicht.

Kommt es nicht zu einem vollständigen Ausgleich des wirtschaftlichen Nachteils des Unternehmers, etwa weil die eingestellte Ersatzkraft den Geschädigten nicht zu 100 % zu ersetzen vermag, entsteht ein restlicher Gewinnausfall. Diese Lücke ist vom Schädiger auszufüllen. Hier können nebeneinander der konkrete Erwerbsschaden (Kosten Ersatzkraft) und der fiktive Erwerbsschaden (Lücke zum Unternehmergewinn ohne das schädigende Ereignis) geltend gemacht werden.

II.) Bezifferung des Gewinnentgangs durch Umsatzreduzierung

Der Geschädigte hat die Möglichkeit, seinen Erwerbsschaden konkret durch entgangene Geschäfte nachzuweisen (OLG Hamm NZV 1995, 316; LG Saarbrücken zfs 2001, 108). Hierfür ist dreierlei nachzuweisen: zunächst, dass dem Geschädigten bestimmte Aufträge ohne das schädigende Ereignis erteilt worden wären, weiterhin, dass der Selbstständige sie schadensbedingt nicht ausführen konnte und schließlich, dass er diese auch später nicht nachholen konnte. Trotz der Beweiserleichterung des § 287 ZPO werden an den Nachweis, dass einzelne Aufträge unfallbedingt entgangen sind, wegen der Manipulationsgefahr durch Gefälligkeitsbescheinigungen, hohe Anforderungen gestellt (BGH NJW 1971, 836).

III.) Fiktive Schadensberechnung auf der Grundlage der Vorjahresergebnisse

Die Schadensbezifferung anhand der Betriebsergebnisse der Vorjahre erfolgt auf der Basis einer Gewinn-/Verlustrechnung.

Der Schaden ermittelt sich aus der Differenz zwischen dem hypothetischen Gewinn, den der Unternehmer ohne das schädigende Ereignis erzielt hätte und demjenigen, der danach tatsächlich erzielt worden ist. Maßgeblicher Vergleichszeitraum vor dem schädigenden Ereignis sind die letzten 3-5 Jahre (BGH NJW 1999, 136). Bei der Schadensermittlung ist zu berücksichtigen, dass Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalerträge nicht zu berücksichtigen sind, weil sie von der Beeinträchtigung der körperlichen Integrität nicht berührt werden.

Im Hinblick auf den Zukunftsschaden ist auch beim Selbstständigen eine Erwerbsprognose erforderlich.

C. ERWERBSSCHADEN VON KINDERN ODER NOCH IN AUSBILDUNG BEFINDLICHE SCHÜLER

Bei Kindern und Schülern ist eine Prognose anzustellen, welche berufliche Tätigkeit sie ausgeübt hätten.

Bei Studierenden und Auszubildenden gilt das Gleiche, wenn sie den gewünschten Beruf nicht ausüben können oder das Studium oder die Ausbildung verspätet  abschließen.